Material­auswahl

Technische Beratung und Materialauswahl Kunststoffe ZMV
PA 6 extrudiert ©ZMK

Nachstehend finden Sie eine einfache Anleitung zur Material­auswahl

1. Schritt: Bestimmung der Anwendung

Stellen Sie fest, ob die Komponenten eine tragende (statische oder dynamische) Anwendung oder eine Lager- und Verschleiß­anwendung ist. Die Art der Anwendung ist für die weitere Material­auswahl ausschlag­gebend.

2. Schritt: Metall oder Kunststoff

Wichtig ist zu berücksichtigen, ob das Teil kunststoff­gerecht konstruiert werden kann. Ob Metalle oder Kunststoffe für ein bestimmtes Teil zum Einsatz kommen können, hängt u.a. von folgenden Kriterien ab:

  • Einsatz­temperatur
  • Dämpfungs­verhalten
  • Deformations­verhalten
  • Korrosions­schutz
  • Selbst­schmierung

Um keine wichtigen Eigenschaften oder Design­komponenten zu übersehen, sollte anhand einer Check­liste systematisch abgeklärt werden, ob ein Kunststoff zum Einsatz kommen kann oder doch Metalle weiterhin verwendet werden sollten. Ein 1:1 Austausch ist ohne Berück­sichtigung der unter­schiedlichen Material­eigenschaften selten sinnvoll.

3. Schritt: Bestimmung der Einsatz­umgebung

Es ist wichtig die Konditionen, in denen sich das Teil bewähren muss zu definieren. Dazu gehören:

  • Raum- und / oder Außen­temperatur
  • die Luft­feuchtigkeit
  • ob der Einsatz in oder außerhalb von Wasser statt­findet
  • ist die Komponente Chemikalien ausge­setzt
  • muss die Anwendung UV-Einstrahlung, andere Strahlen oder Bewitterung aushalten
  • Dimensions­stabilität und Toleranzen

Nach Bestimmung der Einsatz­umgebung erstellen Sie eine Tabelle in der Sie die Umwelt­bedingungen nach Priorität absteigend, mit den jeweiligen Daten versehen.

4. Bestimmung der Eigenschaften­gruppen

Jedes Material hat mechanische, thermische, elektrische, chemische und sonstige Eigenschaften wie Gewicht, Wasser­aufnahme oder Brand­verhalten. Legen Sie eine Tabelle an, in der Sie die Eigenschafts­gruppen nach Wichtigkeit absteigend für Ihr Teil angeben.

5. Bestimmung der Eigenschaften

Wählen Sie zumindest 5 oder mehr Eigenschaften pro Eigenschafts­gruppe aus, die Ihr Teil haben muss, um den technischen Anforderungen stand­zuhalten. Erstellen Sie je eine Tabelle, in der diejenige Eigenschaft an erster Stelle steht, ohne die das Teil in der Anwendung scheitert.

6. Technische Material­auswahl

Erstellen Sie eine Matrix, in der Sie die Daten aus den Tabellen in die erste vertikalen Spalte eintragen, wieder die wichtigste an erster Stelle. Als Überschriften der Spalten, tragen Sie die Materialien ein, von denen Sie glauben, sie könnten für Ihre Anwendung relevant sein. Konsultieren Sie die Daten­blätter dieser Materialien und tragen Sie die dort ange­führten Werte pro Eigenschaft ein. 

Achtung! Leicht fließende, niedrig­viskose Polymere sind für die Herstellung von Halbzeugen generell nicht geeignet, sondern finden Ihren Einsatz nur im Spritzguss­verfahren. Achten Sie darauf, dass Sie aus den Daten­blättern der Roh­material­hersteller nur hoch­viskose, extrudierbare Typen für Ihre Material­auswahl heranziehen!

Für die Herstellung von Halbzeugen sind Spritzguss­typen generell nicht verwendbar, Sie werden sehen, dass bereits bei der ersten Zeile der Matrix viele der Materialien für Ihre Anwendung als unbrauchbar aus­scheiden. Füllen Sie so viele Eigenschaften ein, bis idealer­weise nur noch eine Handvoll Optionen übrig bleiben.

7. Einengung der Material­auswahl

Nach der technischen Auswahl sollten folgende Kriterien noch in Ihre Über­legungen einfließen:

  • Verfügbarkeit ab Lager oder nur auf Auftrag mit Minimum­mengen
  • Lieferzeit
  • Größe
  • Form (Vollstab, Platte, Hohlstab, Profil, Folie etc.)
  • Farbe
  • Normen und Zertifikate
  • Rück­verfolgbar­keit
  • u.a.m.

8. Kommerzielle Material­auswahl

Die meisten Halbzeuge aus technischen Kunststoffen sind von verschiedenen Herstellern und Fach­händlern erhältlich. Erkundigen Sie sich nach der Reputation des Lieferanten Ihrer Wahl und lassen Sie sich zum Angebot die Qualitäts­statistik der letzten 5 Jahre beilegen. Jede ISO zertifizierte Firma muss eine solche, in der Art und Umfang einge­gangener Reklamationen aufge­listet sind, führen.

9. Notwendige Tests

Auch wenn Sie gewissen­haft diese Anleitung befolgt haben, kann die Eignung des von Ihnen ausge­wählten Produktes für konkrete Einsatz­zwecke von der Zellmetall VertriebsgesmbH nicht zugesichert werden. Unsere Kunden, deren Techniker, die Verarbeiter, OEMs und Endver­braucher sind bei der Material­auswahl eigen­verantwortlich, selbst Tests und Eignungs­versuche durch­zuführen.
Qualität hat seinen Preis, daher konkurriert die Zellmetall Vertriebsgesellschaft bewusst nicht mit Billig-Anbietern von Halbzeugen oder Fertigteilen aus Kunststoffen und NE-Metallen.
Bild: Qualitätsprüfung Maße Plastikteil ©ZMK

Zusätzliche Tipps zur Material­auswahl

Der herkömmliche Ansatz bei der Material­auswahl ist in der Regel ein Kosten-Leistungs-Vergleich. Entscheidungen über die chemische Beständigkeit, die mechanischen Eigenschaften und die thermischen Fähigkeiten eines Materials finden sich in den Katalogen der Hersteller.
Im Gegensatz zu Metallen sind Kunst­stoffe nicht gleich geschaffen. Jeder Hersteller geht den Kunst­stoff­prozess anders an. Die Auswahl­kriterien müssen mehr umfassen als die Eigenschaften, die in den verschiedenen Katalog­daten­blättern zu finden sind.
Für die Herstellung eines qualitativ hoch­wertigen Teils ist es entscheidend, ein qualitativ hochwertiges Material zu erhalten. Die Integrität von Kunst­stoffen ist von Hersteller zu Hersteller sehr unter­schiedlich. Qualitativ minder­wertiger Kunst­stoff ist oft weich, weist Hohl­räume, Verun­reinigungen oder Farbab­weichungen auf und ist möglicher­weise schlecht getempert. Eine hilfreiche Quelle für Material­wissen ist ein Bearbeitungs­spezialist. Durch ihre eigene Erfahrung wissen sie, welche Hersteller sie verwenden und welche sie meiden sollten. Ingenieure recherchieren manchmal über einen Händler, aber Händler können unzuver­lässige Informations­quellen sein, weil sie versucht sein können, nur Materialien zu empfehlen, die hohe Gewinn­spannen bringen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Material­auswahl ist die Größe des Materials. Die Größe wird immer wichtiger, je größer die gewünschten Kunst­stoff­teile werden. Während Stäbe mit kleinem Durch­messer in der Regel genauso geliefert werden, wie sie bestellt wurden, sind Stäbe mit größerem Durch­messer über­dimensioniert, so dass sie auf ihre genaue Größe zuge­schnitten werden können.

Bei der Auswahl des Materials ist zu beachten, dass die Ab­messungen und Toleranzen bei den verschiedenen Kunst­stoffen unter­schiedlich sind.

Sobald das Material und der Hersteller ausge­wählt sind, sollte eine Begründung dieser Auswahl sorg­fältig dokumentiert werden. Handels­namen und DIN ISO, ASTM oder andere Spezifikationen sollten ange­geben werden, um zu gewähr­leisten, dass das Material von einer zuge­lassenen Quelle bezogen wird. Eine Material­zertifizierung direkt vom Hersteller ist die beste Garantie. Gerne beraten wir Sie, welche Zertifizierungen und Prüf­zeugnisse für Ihren Bedarf not­wendig und er­hältlich sind.

Vorteile für den Einsatz von Kunststoffen

Kunst­stoffe werden in immer stärkerem Maße als Ersatz für Werkstoffe wie Edelstahl, Aluminium, NE-Metalle, Holz, Glas und Keramik eingesetzt. Einige der häufigsten Gründe für die Umstellung auf Kunststoffe sind:

  • Gewichts­einsparung “Weight out – Cost out”
  • Wirtschaftlicher zu verarbeiten als Metalle
  • Design­vielfalt in Formgebung und konstruktive Umsetzung
  • Funktions­integration
  • Reduzierung von Einzelteilen in Bau­gruppen
  • Notwendig­keit der Schmierung entfällt
  • Längere Lebens­dauer von Teilen
  • Geringerer Verschleiß an Flächen von Kontakt­teilen
  • Höhere Geschwindig­keit gepaart mit geringerem Energie­bedarf für den Betrieb von Anlagen
  • Geringere Still­stand­zeiten und dadurch höhere Produktivität
  • Korrosions­beständigkeit und Reaktions­trägheit
  • Einsparungen bei Wartung und Reparatur

In Anbetracht der Vielzahl ver­schiedenster Kunststoffe, die derzeit erhältlich sind, kann die Auswahl eines passenden Werk­stoffs ein schwieriges Unter­fangen sein. Es gibt kein besseres Material, nur das richtige für eine gegebene Anwendung.

Anleitung & Inhalte zur Materialauswahl erstellt von KommR Mag. Nick Kraguljac. Alle Rechte vorbehalten.